Dear Doctor!
I have understood our dead friend, and I thank you!
Some years ago, when I stood there like Weininger and entertained the intention to go on, I wrote in my diary: “Why do I go? Cato gave himself up to death when he realised that he could not hold himself upright over the swamp of sin. Dante also absolved him as a suicider on that account (Inferno). Now I (August Strindberg) am sinking and I don’t want to sink, therefore . . . Bang!” – – –
I was on the road uphill, but a woman dragged me down . . .
Yet I went on living because I believed to have found that our connection with the Earth Spirit woman was a sacrifice, a duty, a test. We must not live like gods down here; we must walk in filth and still keep ourselves pure, etc. ”
Think of the case of Maeterlinck!
Just the same! He was far above the material (The Treasure of the Humble), and then came the Earth Spirit – – – He fell so deep that he carried his naked Earth Spirit around to exhibit it and himself! Is that tragic!
When Dr. Luther married he wrote to a friend: “I marry! Incredible! I am ashamed! But it seems as if our Lord God wants to make a fool of me!”
Send me the biography and everything! Shering wrote me when he died: “Weininger has sealed his belief with death. ” Yes indeed.
59 Renowned Swedish playwright, novelist, and short-story writer (1849-1912) [Trans]
I was at the point of doing the same thing around 1880; alone with my “discovery”. It is no notion, it is a discovery, and Weininger was a “discoverer”.
The new century seems to come with new truths; the zoological Weltanschauung ended with veterinary psychology.
We searchers seek again the immortal soul and are therefore called religious. I am that; but I cannot follow a creed. Call me a “Christian freethinker” until I find something better!
Your unknown friend in the distance,
August Strindberg
Stockholm, Karlavagen 40 October 22, 1903
Dear Doctor!
That strange, mysterious man, Weininger!
Born with guilt as I! That is, I came into the world with a bad conscience; with fear of everything, with angst before people and life. I now believe that I did something evil before I was born. What does that mean! Only the theosophists have the courage to furnish the answer.
I also, like Weininger, became religious out of fear of becoming inhuman. I too adored Beethoven, even established a Beethoven club where only Beethoven was played. But I have noticed that so-called good people cannot stand Beethoven. He is unhappy, restless, and cannot be called heavenly; unearthly certainly.
Weininger’s fate? Did he indeed betray the secret of the gods? Steal the fire?
The air was too thick for him here below, so he suffocated?
This cynical life was too cynical for him?
That he is gone, means to me that he had the very highest permission to do so. Otherwise, such things do not happen.
So was it written.
Yours,
August Strindberg
Stockholm December 8, 1903
P. S. Don’t publish my letters before my death.
VI
Appendix – The German Text
Motto:
Jedes wahre, ewige Problem ist eine ebenso wahre, ewige Schuld; jede Antwort eine Sühnung, jede Erkenntnis eine Besserung.
Weininger
Das Kreuz in Golgotha kann dich nicht von dem Bösen, Wo es nicht auch in dir wird aufgericht’, erlösen.
Angelus Silesius
VII
Aphoristisch-Gebliebenes
Der höchste Ausdruck aller Moral ist: Sei!
Der Mensch handle so, daß in jedem Momente seine ganze Individualität liege.
Schlaf und Traum haben sicherlich etwas mit dem Zustande vor unserer Geburt gemein.
Die Algebra ist begrifflich, die Arithmetik anschaulich.
Die Gegenwart ist die Form der Ewigkeit; das Urteil über Aktuelles hat dieselbe Form, wie das Urteil über Immerwährendes. Zusammenhang mit der Sittlichkeit, welche alle Gegenwart in Ewigkeit verwandeln, in die Enge des Bewußtseins alle Weite der Welt aufnehmen will.
Was immer auch zum Determinismus führen wird, ist die Tatsache, daß der Kampf immer wieder aufgenötigt wird. Im Einzelfalle mag die Entscheidung ganz ethisch erfolgen, mag der Mensch sich für das Gute entscheiden; die Entscheidung ist aber nicht von Dauer, er muß wieder kämpfen. Freiheit, könnte man sagen, gibt es nur für den Moment.
Und das liegt im Begriffe einer Freiheit. Denn was wäre das für eine Freiheit, die ich durch einen guten Akt aus irgend einer früheren Zeit für alle Zeit hervorgebracht, verursacht hätte: Es ist gerade der Stolz des Menschen, daß er in jedem Augenblick von neuem frei sein kann.
Also für Zukunft wie für Vergangenheit gibt es keine Freiheit; über sie hat der Mensch keine Macht.
Darum kann sich der Mensch auch nie verstehen: Denn er ist selbst ein zeitloser Akt, ein Akt, den er immer wieder vollzieht, und es gibt keinen Moment, wo er diesen Akt nicht vollzöge, wie dies sein müßte, damit er sich verstünde. [Parsifalmotiv variiert III. Akt (Den heil’gen Speer, ich bring ihn euch zurück].
Die Ethik läßt ausdrücken: Handle vollbewußt, d. h. handle so, daß in jedem Momente Du als Ganzer seiest, Deine ganze Individualität liege. Diese Individualität erlebt der Mensch im Laufe seines Lebens nur im Nacheinander; darum ist die Zeit unsittlich und kein lebender Mensch je heilig, vollkommen. Handelt der Mensch ein einziges Mal mit dem stärksten Willen so, daß alle Universalität seines Selbst (und der Welt; denn er ist ja der Mikrokosmus) in den Augenblick gelegt wird, so hat er die Zeit überwunden und ist göttlich geworden.
Die gewaltigsten musikalischen Motive der Weltmusik sind solche, wo dieses Durchbrechen der Zeit in der Zeit, das Brechen aus der Zeit heraus darzustellen versucht wird, wo auf einen Ton ein solcher Iktus fällt, daß er die übrigen Teile der Melodie (welche als Ganzes die Zeit vorstellt; einzelne Punkte, zusammengefaßt durchs Ich) resorbiert und dadurch die Melodie aufhebt. Das Ende des Gralmotives im „Parsifal“, das Siegfried-motiv sind solche Melodien.
Es gibt jedoch einen Akt, welcher die Zukunft sozusagen in sich resorbiert, allen künftigen Rückfall ins Unmoralische bereits als Schuld voraus empfindet, nicht minder als alle unmoralische Vergangenheit, und dadurch über beide hinauswächst: Eine zeitlose Setzung des Charakters, die Wiedergeburt. Es ist der Akt, durch den das Genie entsteht.
Sittliches Gebot ist: In jeder Handlung soll die ganze Individualität des Menschen sichtbar werden, jede soll vollkommene Überwindung der Zeit, des Unbewußten, der Enge des Bewußtseins sein. Meistens tut der Mensch aber nicht, was er will, sondern was er gewollt hat. Er gibt sich durch seine Entschlüsse immer nur eine gewisse Direktion, in der er sich dann bis zum nächsten Momente der Besinnung bewegt. Wir wollen nicht fortwährend, wir sind nur zeitweise, schubweise wollend. So ersparen wir uns zu wollen: Prinzip der Ökonomie des Wollens. Aber der höhere Mensch empfindet dies immer als durchaus unsittlich. Gegenwart und Ewigkeit sind verwandt: Zeitlose, allgemeine, logische Urteile haben die Form der Gegenwart (Logik ist erreichte Ethik): Und so soll auch in jeder Gegenwart alle Ewigkeit liegen. Wir dürfen uns auch von innen nicht determinieren; auch diese letzte Gefahr, diese letzte trügerische Schein der Autonomie ist zu meiden.
Wolle! d. h. : Wolle Dich ganz!
Das Richtige im Sozialismus ist, daß jeder Mensch, wie er sich selbst, seine Eigenart suchen und auch sich zu finden trachten soll, auch sein Eigentum erst zu erwerben trachten solle; und hier darf er von außen nicht in seinen Möglichkeiten von vornherein beschränkt sein.
Auf erworbenen Reichtum mag ein Mensch stolz sein und mit Recht auf ihn wie auf ein sittliches Symbol auch innerer Arbeit blicken.
Der Psychologismus ist die bequemste Auffassung des Lebens, denn nach ihm gibt es überhaupt keine Probleme mehr. Er verurteilt darum von vornherein auch alle Lösungen, indem er die eigentlichen Probleme sowenig anerkennt wie den Wahrheitsbegriff.
Es gibt keinen Zufall. Der Zufall wäre eine Negation des Kausalgesetzes, welches verlangt, daß auch das zeitliche Zusammentreffen zweier verschiedener Kausalreihen noch einen Grund habe. Der Zufall würde die Möglichkeit des Lebens vernichten, er würde den Menschen, der erst im Begriffe ist, das Böse zu überwinden, abberufen von seinem Wege. Der Zufall würde die Telepathie unmöglich machen, die doch eine Tatsache ist. Er würde den Zusammenhang der Dinge, die Einheit im Universum streichen. Wenn es einen Zufall gibt,) so gibt es keinen Gott.
Die Liebeschafft dieSchönheit )
Der Glaubeschafft das Sein ) alle aber schaffen das Leben
Die Hoffnungschafft dasGlück )
Haß – häßlich Der Schmerz ist das psychische
Unglaube – nichts Korrelat der Vernichtung
Furcht – Schmerz (Krankheit und Tod)
Die Lust ist das psychische Korrelat der Schöpfung. Die Wollust ist von intensivem Schmerz begleitet, weil in ihr Schöpfung und Vernichtung in eins fließen.
Schmerz: Furcht = Sein: Wollen
Lust: Liebe = Sein: Wollen
Das Nicht-Sein des Verbrechers ist darum der größte Schmerz und im eigentlichen Sinne die Hölle.
Hoffnung – Furcht: Psychologie des Spielers. Jeder leidenschaftliche Spieler leidet stark an der Furcht.
Kennt die Pflanze Lust und Schmerz? Orchideen? Die Wollust in der Begattung scheint ihr zu fehlen! Hermaphroditismus der Pflanzen!
Die Enge des Bewußtseins und die Zeit sind nicht zweierlei, sondern eine und dieselbe Tatsache. Entgegengesetzt ist das Parallelogramm der Kräfte; indem zwei verschiedene Bewegungen sich zu einer einzigen vereinigen, und vom selben Körper zu gleicher Zeit ausgeführt werden können. Psychisch ist die Abwechslung, auch das Oszillieren.
Das Seelenleben der Pflanzen nun muß ein solches sein, wo die Enge des Bewußtseins fehlt. Dem entspricht nämlich, daß die Pflanze sich nicht bewegen kann und daß sie keine Sinnesorgane hat; denn Entwicklung der Motilität und der Sensibilität sind immer parallel und gehören zueinander. Die Enge des Bewußtseins (die Zeit) ist die Form der Bewegung des Psychischen.
Arbeit – Schöpfung | Schmerz – Lust.
Daß es keinen Raubmord gibt, damit hat Nietzsche selbstverständlich Recht. Einen Mord um Geldes willen gibt es nicht. Aber der Raub ist keine „Einflüsterung der armen Vernunft“ des Mörders, sondern er gehört zum Morde: das Rauben ist ein völliges Töten; der Gemordete hätte noch immer Realität, wenn er