Darum hat das Kind nur Gegenwart.
Zusammenhang von Alter und Ewigkeit.
Der Greis hat nur Ewigkeit.
Das Wesen des Spielers.
Der Gries, der kindlich wird: Er hat den Sinn des Lebens nicht begriffen.
Schreiten kann nur der Mensch.
Alles Mitleiden heißt Wollen der Lust überall und ist darum unsittlich, weil die Lust im Mitleid direkt angestrebt wird anstatt des Wertes.
Das Mitleid ist darum unsittlich (geschweige denn Fundament der Moral), weil es eben innerhalb der „Lust-Leid“-Reihe steht, nicht innerhalb der „Wert-Nichts“-Reihe, an die jene funktionell geknüpft ist. (Lust ist abhängig von Bedingungen, Wert ist nie abhängig von Bedingungen. ) Hier wird der Schmerz direkt zwar gesehen, aber verneint; und Lust direkt gewollt, statt daß Wert bejaht wird, wie in der Achtung.
Grausamkeit, das heißt: Schmerz real (zur alleinigen Wirklichkeit) machen wollen, statt daß mit „Freiheit-Wert“ Lust gesetzt ist.
Schopenhauer (dessen Nirwâna, als das doch allein Reale, Leidlose, Überwindung der eigenen Grausamkeit ist) und Fechner sind Gegensätze innerhalb derselben Reihe. Beide finden als Wesen der Welt immer nur Lust- und Schmerz-Elemente. Fechner ist nur der umgekehrte Schopenhauer; diesem war der Schmerz, jenem die Lust das Reale.
Alle grausame Menschen haben ein eigentümlich schmerzliches Gesicht; weil ihr Sein eben Position des Schmerzes bedeutet. Ebenso der Asket (Pascal).
Frech: Für Nichtserachten des Etwas.
Mut ist das Korrelat der Wahrheit. Er ist das Für-Nichts-Achten des Nichts.
Feigheit ist das Für-Etwas-Erachten des Nichts.
Jüdisches, Gemeinheit und Dummheit. Der Jude ist moralisch das, was die Dummheit intellektuell ist. Er ist die Fliege, die den Esel blutig schindet.
Zeit dem Raum noch übergeordnet.
Reisen ist unsittlich, weil es Aufhebung des Raumes im Raume sein soll.
Der Jude als Parodie des Greises.
Gesinnung bei allem Handeln; Zweifel beim Mord. Es gibt auch Tötung, die Recht ist (Mime).
Dualismus als Verdoppelung durch Externalisation des Psychischen.
Bübisch ist Herbeiführen des Zufalls, dessen, was bewußt Objekt des Humors wird.
Jeder Assoziation entspricht ein Vorgang im Weltganzen.
Telepathie ist Apperzeption.
Der Moral ist das Herz, dem Intellekt der Kopf zugeordnet.
Krankheit ist ein spezieller Fall der Neurasthenie.
Neurasthenie und Krankheit: Passivwerden der Empfindung gegenüber
im Raum außerhalb des Körpers: Neurasthenie; im Raum innerhalb des Körpers: Krankheit.
Wüste – Fata Morgana – Traum.
Irrlicht: Verlust der Identität des Flusses.
Ruhmsucht und Unsterblichkeit.
Ruhmsucht ist Verbundenheit in der Zeit und im Raum.
Zwischen Unsterblichkeit und Sittlichkeit kann es nichts geben. Darum werden alle Kulturen wieder hinweggeschwemmt.
Nur das Gute ist.
Krankheit und Einsamkeit sind verwandt.
Der Betrüger ist dem pathologischen Lügner verwandt. Er betrügt durch seinen Körper physisch: Hochstapler.
Alles Übel ist Eines, in Zeit und Raum.
Der Herr des Hundes ist derjenige, der gar nichts Hündisches in sich hat. Er hält sich darum einen Hund. Er hat das Hündische von außen.
Leichenverbrennung ist dionysisch,
Leichenbegraben ist apollinisch.
Die Auferstehung des Fleisches wird durch das Verbrennen nicht berührt.
Der eitle Mensch ist in gleich hohem Maße empfindlich. Denn würde er nicht wollen, daß man ihm zusieht, so würde man ihm auch nicht auf die Finger schauen.
Das Genie kann keinen genialen Bruder, keine geniale Schwester haben. . . .
Nicht nur das Gute ist Eines in den Menschen, auch das Teuflische. Jeder Sieg des Guten in einem Menschen hilft allen anderen – und umgekehrt.
Gott ist die Idee des Heils, die Gesundheit. Wenn wir wollen, so ist die Idee, so ist Gott bei uns.
Der Doppelgänger ist das Ensemble aller bösen Eigenschaften des Ich. Alle besondere Furcht ist nur ein Teil von dieser Furcht, der Furcht vor dem Doppelgänger.
Lüge ist stets Trägheit. Hat nicht der Geschichtsforscher zur Lüge ein Umkehrungsverhältnis?
Der Spiegel ist das Surrogat für das Sichselbstschaffen. Er hat zur Eitelkeit ein Verhältnis ebenso wie zur Individualität.
Der Verbrecher ist hyperämisch (Tier), der Neurastheniker anämisch und grüngelb (Pflanze).
Das Problem der Individualität ist das Problem der Eitelkeit. Daß es viele Seelen gibt, ist Folge der Eitelkeit. Der Verbrecher ist eitel, denn er hat den Wunsch zur Einzigartigkeit. Man braucht den Zuschauer, das Theater, die Pose. Darum entsteht der zweite Mensch. Darum ist der Verbrecher homosexuell.
Das Genie ist entweder das umgekehrte Verbrechen oder die umgekehrte Krankheit (insbesondere der umgekehrte Irrsinn).
Der Künstler darf eher etwas Minderwertiges schaffen als der Philosoph. Denn er ist vom Moment abhängiger als dieser.
Wenn der Flachkopf Schiller anstatt des Wustes seiner schön klingenden, bequem-ethisierenden Phrase: „Geteilte Freude ist doppelte Freude – geteilter Schmerz ist halber Schmerz!“ gesprochen hätte: „Glück kann der Mensch teilen, Schmerz niemals!“ dann hätte er etwas Wahres gesagt.
Daß Goethe von Schiller viel gehalten hat, das beweist natürlich gar nichts. Denn er hat auch von Wieland, Byron und etlichen Malern seiner Zeit sehr viel gehalten, und an denen war auch nicht viel.
Herkules ist dorisch. Dorisch und Jonisch müssen scharf geschieden werden im Griechentum. Sie verhalten sich wie Armut zu Reichtum, wie Einfachheit zu Wohlstand.
Das frömmste Werk der Kunst, das ich kenne, ist der „Farnesische Herkules“ (im Museum zu Neapel). Er ist frömmer als die Heraklessage selbst, von unendlich ergreifender Wirkung. Der „Farnesische Stier“ erscheint daneben wie ein Ausdruck von Talent.
Daß man den rafaelischen Dreck neben Michelangelo hat nennen können, begreife ich; man wird dies wohl immer tun, denn Rafael ist ganz ohne, Michelangelo nur durch Genie zu verstehen. Jener nimmt alle, dieser gar keine Rücksicht auf den Betrachter. Völlig impotent wird Rafael, wenn er Gott, Christus, die Philosophie darstellen soll. Er hilft sich, indem er aufs Wesen von vornherein verzichtet; das nennt man dann Originalität und preist es als Behauptung Michelangelo gegenüber. Nie hätte Rafael gewagt, eine Gestalt ganz den Rücken zeigen zu lassen, am wenigsten je Gott selbst (wie’s Michelangelo getan hat im zweiten Deckenbild der Sixtina).
Um zu wissen, wer Michelangelo und was Rafael ist, vergleiche man ein weniger bedeutendes Bild, die „Sintflut“ des ersteren, mit einem der hervorragendsten des letzteren, dem „Brand des Borgo“. Diese eignen sich sehr gut wegen der inhaltlichen Homologie und weil von Michelangelo sonst keine Massendarstellungen vorhanden sind.
Rafael malt hier eine Gruppe, dort eine andere, Stück für Stück, jede mit etwas anderem beschäftigt; die Einheit fehlt ganz. Michelangelo erfaßt sofort das Wesen der
Sache: er malt die Sintflut, das Ereignis selbst in seiner elementarsten Wucht, daraus ergibt sich ihm selbst alles andere, alle Rückwirkung auf die Menschen, die gerade hier jede Individuation ausschließen muß.
Freiheit und Universalität – Macht und Universalität.
Darum ist dem Neurastheniker der Anthropozentralismus zuwider.
Der Neurastheniker will die Begrenzung und darum keine Macht.
Das obere Moment ist Gott.
Einheit und Allheit sind so problematisch. Der Neurastheniker verzichtet auf Allheit, der Verbrecher auf Einheit. Der Neurastheniker ist zur Allheit, der Verbrecher zur Einheit zu schwach.
Der Mangel an Einheit im Meer! Allheit ist hier; aber Einheit wird hier vermißt.
Darum zersplittert sich der Verbrecher und verzichtet auf die Einheit des Bewußtseins.
Genesen heißt: Mit dem All sich wieder verbinden. Krankheit heißt Einsamkeit.
Der Fluß hat keine Allheit.
Der Sumpf ist die falsche Allheit des Flusses und der Scheinsieg über sich selbst.
Was den Norddeutschen ausmacht, das ist vielmehr die eigentümliche norddeutsche Ebene. Der Isländer, der Norweger, der Schotte und zum Teil auch der Engländer sind dem Süddeutschen ähnlicher als dem Norddeutschen.
Gegensatz auch in der Natur: Die fruchtbarsten Gegenden Europas und die Vulkane daneben, die häßliche Lava – der Dreck der Erde.
Je älter der Mensch wird, desto mehr blickt er in die Zukunft, nicht nur in die Vergangenheit. Das Kind hat gar kein Verhältnis zu seiner Zukunft.
Ist das Meer durch die Flüsse oder sind die Flüsse durch das Meer? Wer wollte das entscheiden? So verhält es sich zwischen Gott und Menschen. Das Meer will Flüsse, der Fluß will das Meer.
Ich habe landschaftlich am meisten Sinn für Durchblicke und für das All, zu dem sich die Erde erweitert, für die Öffnung, hinter der man ins Weite sieht, für die Musik, die sich auftut (Trovatore und Lohengrin, Jubelarien): Mündung.
Sonnensystem und Fixsternhimmel haben ein verschiedenes Verhältnis zum Raume. Die Sterne winken von der Grenze des Raumes her. Es ist wohl sicher, daß die Sterne moralischer sind als die Sonne; hier ist noch mehr (z. B. Glut, Polychromie) zum Nichts geworfen, die Position noch ausschließender, noch enger geworden; und eben darum zugleich weiter, größer, umfassender.
Die Sterne lachen nicht mehr; sie haben zur Lust keine Beziehung mehr, nur mehr zur Seligkeit und Freude. Es fehlt die Physis.
Erbrechen verhält sich zur Diarrhöe wie Ekel zu Furcht.
Unter dem Merkwürdigen am Feuer ist auch, daß es Sauerstoff braucht, um zu brennen, ganz wie sein Feind, das Leben. Darum sind Leben und Flamme so oft verglichen worden.
Die reinigende Wirkung des Feuers deutet darauf hin, daß auch dieses Element im Dienste des Guten steht.
Schlange und Hund haben Verwandtes.
Die Hundswut ist die Beschuldigung, die der Hund gegen den Herrn erhebt.
Die Sünde des Vogels ist Leichtigkeit, Überwindung der Gravitation ohne Setzung.
Der Hund ist derjenige Verbrecher, der fortwährend die andern zu widerlegen sucht, um sich zu rechtfertigen (Bellen!). Er kann das aber nur, indem er Sklave eines Herrn wird.
Krankheit ist Abhängigkeit des Körpers – Verbrechen Abhängigkeit der Seele.
Auch die Kurzsichtigkeit müßte sich heilen lassen, wenn man ihren Grund erkennen würde.
Der größte Verbrecher stirbt stets durch Herzschlag (Furcht).
Problem des Kranken ist Problem des Raumes.
Problem des Verbrechers ist Problem der Zeit.
Problem der Tierpsychologie ist Problem des Zufalls, ist Problem der Externalisation; denn im Augenblicke, da das Fliegenartige in mir unbewußt wird, das heißt: ich ihm gegenüber unfrei werde, wird es die Erscheinung der Fliege, der gegenüber als Empfindung ich unfrei bin; im selben Augenblicke aber ist der Raum da.
Der Körper ist nicht unsittlich, aber die Haut. Sie ist die Gefahr des Körpers, die Stelle, wo er den Raum anerkennt, verwundbar, beschmutzbar, infizierbar wird.
Der Raum entsteht durch Nichtrealmachung eines Realen, ebenso die Krankheit (durch Abgabe eines Teiles des Ich nach Außen, Unfähigkeit zur Allheit).
Die Zeit (Verbrechen) ist Realsetzen des Nichtrealen: Scheidung einer Vergangenheit, der Macht gegeben wird, und einer Zukunft, über die keine Macht gewollt wird, von der Gegenwart, die so nicht mehr Ewigkeit ist . . . Ebenso das Verbrechen: Realsetzen, Verwirklichen irgendeines Unbewußten (eines Tieres).
Alle Tiere sind verbrecherisch, auch das Pferd, auch der Schwan (zwecklose Schönheit, fliegt nirgends mehr